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GROSSE STADT

Grosse Stadt mit Aufwand von Geräuschen

rollst du laut und lachend um mich her.

Deine Häuser glänzen, doch sie täuschen

und das Wohnen wird in ihnen schwer.

Wenn in deinen weitbewegten Nächten

eine Stille plötzlich um sich greift

wird es bang, als ob die Häuser dächten

an das Elend, das in ihnen reift.

Diese Stille ist nicht wie das freie

weite Schweigen das auf Wäldern weht;

alles ängstigt sich vor einem Schreie

und der unerhörte Schrei entsteht.

Und er kommt heran die leeren Straßen

und er nährt sich wie (ein) großes Tier

von der Stille, wachsend ohne Maßen

Ist er nah, als stiege er aus mir.

Er ist alles, schwingt um alle Dinge

und durch alle Fugen tritt er ein

und die Stadt ist nur ein Ding, geringe

und vergessen, in dem großen Schrein.


- Rainer Maria Rilke -

Anmerkung:

Wolle nie irgendeine Beunruhigung, irgendein Weh, irgendeine Schwermut von deinem Leben ausschließen, da du doch nicht weißt, was diese Zustände an dir arbeiten! (R.M.Rilke)


GROSSE STADT

- Rainer Maria Rilke - Rezitation: Ben Becker


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