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DIE IDEEN SIND DA, DOCH WIR SIND NOCH NICHT SO WEIT: WARUM UTOPIEN SCHEITERN

„Follow the science.“

sagt Greta Thunberg

und Gottfried Keller sagt:

“Der letzte Sieg der Freiheit wird nüchtern sein.“

23:08 m:s

Etwas poetischer ist die Zukunftsversion die John Maynard Keynes, in der Krise der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts notierte: Die technologische Arbeitslosigkeit, die er kommen sah, werde nur eine vorübergehende Phase sein. Sie werde Europa aber in zwei oder drei Generationen so reich gemacht haben, dass die Menschen vor der größten Veränderung der Lebensumstände stünden. Eine 15-Stunden Woche, 3 Stunden am Tag würden reichen, um die Dinge des guten Überlebens zu produzieren.


Keynes sah die Gefahr eines kollektiven Nervenzusammenbruchs, denn zu lange seien wir wie er schreibt, dazu erzogen worden, nach etwas zu streben und nicht etwas zu genießen. Er fügte hinzu: Und wer könne schon singen?


Für lange Zeit werde der alte Adam in uns so mächtig sein, dass jedermann sich nach Arbeit sehnen werde. Aber, 3 Stunden sollten genügen. Keynes wollte den Kapitalismus nicht abschaffen (…) Für eine Weile, so schreibt er, würden wir noch zweckhaft arbeiten müssen, bis ein allgemeiner Wohlstand allen Menschen ein Leben ermöglichte, in dem die Arbeit der Lebenskunst untergeordnet ist.


Aus dieser Perspektive könnte es sogar eine aufgeklärte Variante der Globalisierung geben. Das Kapital, so sagen es ja seine Verteidiger, geht immer dahin, wo es am meisten gebraucht wird. Es könnte als dorthin gehen, wo es noch keine Solarzellen, Werkzeugmaschinen, Elektromobile und Traktoren gibt. Und die europäische Menschheit könnte, wie Keynes es vorausträumte: Zur Ruhe kommen.


Die Überanstrengungen und die Lebenszeit, die unsere Großväter und Mütter in den europäischen Reichtum investiert haben, könnte unseren Kindern und dem Rest der Welt zurückgegeben werden.


Der aristokratische Keynes rechnete allerdings wohl nicht mit einer Zivilisation mit 92 Zoll-Bildschirmen, einer Zivilisation in der die Acht-Tage-Reise in die Emirate zum Regelkonsum gehört, die Textilien aus Läden kommen, die jeden Tag was Neues heißen. Einer Zivilisation in der die Menschen sich halbtot prügeln, wenn ein neues iPhone Vernissage hat. In der die Kleinsten zu Weihnachten einen ein Meter 23 langen, elektrischen Lamborghini Aventador bekommen, mit futuristischem Look und technischen Geräuschen.


Eine Zivilisation, die so etwas braucht, die braucht freilich unendliches Wachstum und die Verewigung der 40 Stunden Woche.

25:48 m:s



AUSZUG AUS: Die Ideen sind da, doch wir sind noch nicht so weit: Warum Utopien scheitern.

AUTOR: Mathias Greffrath

FOTO: Alexander Kästel


Nachzuhören im Deutschlandfunk: 29 Minuten

BILDNUMMER: 21108219

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