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ES LIEGT EIN SCHATZ

IN DEN MENSCHEN

NOURYA

»HIER HABE ICH EINE ZUKUNFT«
- Nourya -

NOURYA - HIER HABE ICH EINE ZUKUNFT

Ich mag den Herbst. Die Farben, die Luft. Das hat mir gleich gefallen, als ich Anfang Oktober 2016 hier ankam.

 

Ich bin im Libanon aufgewachsen. Wir waren siebzehn Kinder. Mein Vater hatte drei Frauen. Er hatte ein hohes religiöses Amt inne und kaum Zeit für uns.

 

Wir hatten keine Geldprobleme, es ging uns gut. Aber wir Mädchen konnten uns nicht frei bewegen.

Als Tochter eines religiösen Würdenträgers war ich immer eine Außenseiterin. Deshalb habe ich mich mehr und mehr in mich zurück gezogen. Nach der Schule hatte ich nur die Möglichkeit zu heiraten, Religion zu studieren oder Erzieherin zu werden. Heirat war keine Option für mich. Ich entschied mich, Erzieherin zu werden. Auch hier konnte ich keinen Schritt ohne die Begleitung von einem meiner Brüder machen. Doch eigentlich wollte ich Kunst studieren. Mein Vater hat dies nicht erlaubt.

 

Es ging mir zunehmend schlechter, ich hatte Selbstmordgedanken und das Gefühl, keine Zukunft zu haben. Ein Onkel half mir, mich heimlich für ein Studium im Fach Grafikdesign an der Uni einzuschreiben. Dieses Studium habe ich abgeschlossen und mich danach an der Kunstuniversität in Beirut angemeldet. Meine Mutter, die das wusste, war in ständiger Angst vor meinem Vater. Eines Tages wollte er wissen, wo ich bin und was ich mache. Das war der schlechteste Tag in meinem Leben.

 

Ich entschied mich zu gehen und nun selbst mein eigenes Leben zu bestimmen.

 

Denn ich hatte einen Traum. Ich wollte als Künstlerin leben und Kunst unterrichten. Ich habe so viel zu geben. Dass sich dieser Traum nun erfüllt, habe ich ehrenamtlich engagierten Menschen zu verdanken, die sich nach meiner Ankunft in Deutschland um mich gekümmert haben. Ich werde noch in diesem Jahr eine Arbeit als Kunstpädagogin in einem Jugendhaus aufnehmen. Dazu muss ich leider umziehen und meine kleine Wohnung im Odenwald verlassen.

 

Das wird mir nicht leicht fallen, denn inzwischen bin ich hier gut angekommen. Mein Sohn geht in die Kita, ich habe Kontakte zu anderen Eltern und vor allem wird mir Otto fehlen, der mich ehrenamtlich jahrelang begleitet und unterstützt hat. „König Otto“ wird er von mir genannt.

 

Er hat mir Mut gemacht, als ich verzweifelt war und er hat mir geholfen, die deutsche Sprache zu erlernen.

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